Wie ist der aktuelle Stand beim Vorhaben "Umbenennung der Hindenburg-, Kohl-Larsen- und Hans-Stempel-Straße?
Am 30. April 2024 hat der Stadtrat in einem Mehrheitsbeschluss die Umbenennung der Hindenburg-, Kohl-Larsen- und Hans-Stempel-Straße beschlossen. Der Entscheidung vorausgegangen ist ein mehrjähriges, intensives Prüfungsverfahren und eine öffentliche Diskussion mit Bürgerbeteiligung. Künftig sollen die Straßen Am Zoo (Hindenburgstraße), Maria-Sibylla-Merian-Straße (Kohl-Larsen-Straße) und Margot-Stempel-Lebert-Straße (Hans-Stempel-Straße) heißen.
Was sind die Gründe für eine Umbenennung dieser drei Straßen?
Straßennamen helfen bei der
Orientierung. Gerne werden hierfür historische Personen, Orte oder Ereignisse genutzt.
Wenn Straßen nach Personen benannt werden, werden diese dadurch in besonderer
Form geehrt und gewürdigt. Deshalb ist es wichtig, dass für die Auswahl neuer
Straßennamen höchste und kritische Maßstäbe angesetzt werden. Der Landauer Stadtrat hat hierfür Kriterien beschlossen und sich dabei an der
Handreichung des Deutschen Städtetages zur Aufstellung eines Kriterienkataloges zur Straßenbenennung(2021) orientiert.
Wenn jedoch Straßen nach Personen benannt wurden, deren Lebensläufe nach heutiger Bewertung moralisch nicht mehr vertretbar sind und daher keine Ehrung mehr erfahren sollen, stellt sich die Frage, wie eine Stadt damit umgehen möchte. Daher beauftragte der Stadtvorstand in Landau das Stadtarchiv, alle nach Personen benannten Straßen, Wege und Plätze in Landau zu überprüfen.
Das Stadtarchiv Landau hat in seinem am 5. April 2022 dem Stadtrat vorgelegten Prüfbericht drei Straßennamen als besonders kritisch hervorgehoben, bei denen der politische Lebenslauf der Personen als erheblich oder teilweise belastet eingestuft wird: Hans Stempel, Ludwig Kohl-Larsen und Paul von Hindenburg. Auch steht mit "Biographien im Überblick" eine verkürzte Fassung des Prüfberichts zur Verfügung. Alle Dateien sind zusätzlich im Downloadbereich auf dieser Seite zu finden.
Hans Stempel
- 1933 als Landauer Pfarrer wirkte er öffentlicher Redner und Autor Multiplikator nationalsozialistischen Gedankengutes und der zeitgenössischen nationalen, militaristischen Begeisterung in Landau
- Mitgliedschaft in der SS von 1933 bis 1937
- Jahrzehntelange politische Lobbyarbeit für Hafterleichterungen und Amnestierungen von verurteilten NS-Tätern im Ausland
- Unterstützung von verurteilten Kriegsverbrechern, die für die Deportation von südpfälzischen und Landauer Jüdinnen und Juden nach Auschwitz verantwortlich waren
Prof. Dr. Ludwig Kohl-Larsen
- Mitglied der NSDAP und SA seit 1931
- Unterstützung der rassenideologischen Vorstellungen der NS-Diktatur durch ethnologische Forschungen zur angeblichen Überlegenheit der „arischen Rasse“
- Multiplikator nationalsozialistischen Gedankengutes u. a. im NS-Propagandablatt „Völkischer Beobachter“
- Beschönigung und Verleugnung seiner NDSAP-Parteimit-gliedschaft im Entnazifizierungsverfahren
Der Stadtrat Landau hat am 4. Juni 2024 die Aberkennung der Ehrenbürgerwürde von Prof. Dr. Kohl-Larsen beschlossen.
Paul von Hindenburg
- "Dolchstoßlegende“ und Propaganda: Hindenburg war verantwortlich für die Legende, dass demokratische Politikerinnen und Politiker die Schuld an der deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg trugen. Dies befeuerte antidemokratische und antisemitische Strömungen zur Bekämpfung der Weimarer Republik.
- Wegbereiter für den Nationalsozialismus: 1932 löste Hindenburg den Reichstag auf, schränkte die Versammlungs- und Pressefreiheit ein und ebnete den Weg für den Nationalsozialismus.
- Berufung Adolf Hitlers zum Reichskanzler im Jahr 1933 und dessen politische Unterstützung
Der Stadtrat Landau hat am 17. März 2020 die Aberkennung der Ehrenbürgerwürde von Paul von Hindenburg beschlossen.
Wie ist die Bürgerbeteiligung abgelaufen?
Der Rat der Stadt Landau hat die Verwaltung damit beauftragt, für diese drei besonders kritischen Straßennamen neue Namen zu finden. Bei der Namensfindung wurden die Landauerinnen und Landauer über ein Bürgerbeteiligungsverfahren mit einbezogen.
In drei verschiedenen Formaten konnten sich die Landauerinnen und Landauer hierbei einbringen:
- bei einer Veranstaltung am 14. September 2023 (Präsentation),
- am Infostand des Beteiligungsrates im Oktober 2023 und
- in einer Online-Beteiligung auf www.mitredeninld.de im September und Oktober 2023.
Mit einem persönlichen Infoschreiben wandte sich Oberbürgermeister Dominik Geißler im August 2023 an alle Anwohnenden der Hindenburg-, Kohl-Larsen- und Hans-Stempel-Straße. Darin informierte er über die sachlichen Gründe für die geplante Straßenumbenennung und lud zur Teilnahme an der Bürgerbeteiligung ein.
Der Bürgerbeteiligungsprozess zur Umbenennung der historisch belasteten Straßennamen wurde darüber hinaus sechsmal in öffentlichen Sitzungen des Beteiligungsrates beraten. Das Gremium hat die Aufgabe, Bürgerbeteiligungsprozesse der Stadt Landau konstruktiv-kritisch zu begleiten.
Wie wurden die Beiträge aus der Bürgerbeteiligung ausgewertet?
Zusammenfassend sind 477 Beiträge über alle drei Beteiligungsformate eingegangen. Hierunter sind neben neuen Namensideen auch „Nein-Stimmen“ dokumentiert, die sich für die Beibehaltung der aktuellen Namen aussprachen. Alle eingegangenen Namensideen wurden aufgelistet und fachlich überprüft.
Für die Überprüfung der Namensideen, also ob diese
überhaupt für eine Straßenbenennung in Frage kommen, wurden die Kriterien des
Stadtrates für die Benennung von Straßen, Wegen, Plätzen und öffentlichen
Räumen herangezogen.
Welches Ergebnis brachte das Bürgerbeteiligungsverfahren?
Die Beiträge aus der Bürgerbeteiligung wurden den jeweiligen Straßen zugeordnet, auf die sich die Beiträge beziehen. Da eine Teilnahme an der Bürgerbeteiligung ohne Nennung des eigenen Namens möglich war, konnten Personen auch mehrfach abstimmen. Das heißt, es ist gut möglich, dass eine Person gleich drei Vorschläge für beispielsweise die Umbenennung der Hans-Stempel-Straße abgegeben hat. Die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung sind ein Stimmungsbild, jedoch nicht repräsentativ.
Ergebnis für die Hans-Stempel-Straße:
- Anzahl der Beteiligungsbeiträge zur Hans-Stempel-Straße: 136
- davon 31 Beiträge für eine Beibehaltung des Straßennamens
- davon 105 Beiträge mit Namensvorschlag zur Umbenennung
Ergebnis für die Kohl-Larsen-Straße:
- Anzahl der Beteiligungsbeiträge zur Kohl-Larsen-Straße: 124
- davon 23 Beiträge für eine Beibehaltung des aktuellen Straßennamens
- davon 101 Beiträge mit Namensvorschlag zur Umbenennung
Ergebnis für die Hindenburgstraße:
- Anzahl der Beteiligungsbeiträge zur Hindenburgstraße: 217
- davon 41 Beiträge für eine Beibehaltung des aktuellen Straßennamens
- davon 176 Beiträge mit Namensvorschlag zur Umbenennung
Inwiefern wurde die Meinung der Anwohnenden berücksichtigt?
Durch die Bürgerbeteiligung wollten Stadtrat und Verwaltung neue Namensideen für die drei historisch kritischen Straßen finden. Hierzu wurden alle Landauerinnen und Landauer eingeladen. Zusätzlich zu der öffentlichen Einladung erhielten die Anwohnenden der Hindenburg-, Kohl-Larsen- und Hans-Stempel-Straße eine persönliche Einladung durch den Oberbürgermeister. Zahlreiche Anwohnende folgten der Einladung zur Infoveranstaltung.
Auch die Unterschriftenlisten gegen die Umbenennung von Anwohnerinnen und Anwohnern wurden der Verwaltung und den Stadtratsfraktionen vor der Entscheidungsfindung vorgelegt und sind in die Entscheidungsfindung mit eingeflossen.
Die politischen Gremien haben das Stimmungsbild diskutiert, Für und Wider abgewogen und die Umbenennung der drei historisch kritischen Straßennamen beschlossen.
Wie läuft die Straßenumbenennung praktisch ab?
Es ist geplant, die Umbenennung der drei Straßen ab Herbst 2024 auf den Weg zu bringen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung der sogenannten Umbenennungsverfügung wird die Stadt alle Anwohnenden und Eigentümerinnen und Eigentümer postalisch in einem gesonderten Schreiben informieren.
Im Rahmen einer einjährigen Übergangsfrist sind sowohl die alten wie die neuen Straßenschilder zu sehen. An den neuen Straßenschildern werden dann Erläuterungsschilder angebracht, die den Umbenennungsprozess visualisieren und die geschichtlichen Hintergründe beschreiben.
Gibt es Rechtsmittel gegen den Beschluss?
Ja, gegen die Umbenennungsverfügung kann Widerspruch eingelegt werden.
Was ist nach der offiziellen Umbenennung für die Anwohnenden zutun?
Wenn sich die Wohnanschrift
bzw. Adresse ändert, gibt es eine gesetzliche Verpflichtung zur Änderung des
Personalausweises, des KFZ-Scheins sowie eine Anzeigepflicht bei Änderung einer
Betriebsstätte. Die Gebühren, die den Anwohnenden im Zusammenhang mit einer
Umbenennung der Wohnadresse oder Geschäftsadresse bei der Stadt Landau
entstehen, werden den Anwohnerinnen und Anwohnern von der Stadt Landau
erlassen. Alle amtlichen Dokumente für
Privatpersonen, die geändert werden müssen, können im Bürgerbüro (Rathaus,
Marktstraße 50) der Stadt Landau geändert werden. Auch die Adressänderung im
KFZ-Schein muss im Bürgerbüro
veranlasst werden.
Information für Gewerbetreibende
Die Gewerbeummeldung für die
insgesamt 30 Gewerbebetriebe in den betroffenen Straßen nimmt die
Stadtverwaltung automatisch und kostenlos vor. Die Gewerbetreibenden erhalten
die Ummeldung postalisch und müssen sich um nichts kümmern.
Wen informiert die Stadt über die Adressänderung?
Durch die Stadtverwaltung werden folgende Stellen informiert:
- Finanzamt
- Kirchliche Träger
- Energie Südwest (Stadtwerke)
- Polizei
- Rettungsdienste
- Vermessungs- und Katasteramt